Die Kanzlei Recht am Ring informiert aus dem Familienrecht:
“Hat ein adoptiertes Kind einen Anspruch gegen die leibliche Mutter auf Auskunft über die Identität des leiblichen Vaters?”
Für Kinder kann es von Erbkrankheiten bis Identitätsfindung die unterschiedlichsten Gründe geben ihre leiblichen Eltern zu kennen.
Der BGH entschied jetzt, dass Kinder auch nach einer Adoption noch ein Recht auf Auskunft bezüglich der Identität ihres leiblichen Vaters gegenüber ihrer leiblichen Mutter haben.
Wie war die Ausgangslage?
Die inzwischen erwachsene Tochter wollte, nachdem ein in ihrer Kindheit erfolgtes Vaterschaftsfeststellungsverfahren, ein außergerichtlicher Vaterschaftstest und eine Aufforderung von ihr persönlich an die Mutter erfolglos blieben, nun gerichtlich ihr Ziel erreichen.
Der Bundesgerichtshof stimmte daraufhin dem Oberlandesgericht Stuttgart in seiner Entscheidung zu, welche die leibliche Mutter zu einer Auskunft über alle potentiellen Väter verpflichtete.
Begründung des BGH:
Die Anspruchsgrundlage bildet hier der § 1618a BGB. So sind Eltern und Kinder einander Beistand und Rücksicht schuldig. Diese wird durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gestützt, welches zudem den Staat verpflichtet den Einzelnen vor der Vorenthaltung verfügbarer Informationen über die eigene Abstammung zu schützen.
Dagegen spricht auch nicht der Mangel einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage, da nicht beispielweise ein finanzielles Interesse besteht, sondern lediglich das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung zur Frage steht.
Auch das erlöschen das Eltern-Kind-Verhältnisses gemäß § 1755 Abs. 1 S. 1 BGB durch die Adoption ist nicht hinderlich, da das „Auskunftsschuldverhältnis“ schon vor der Adoption zwischen Mutter und Kind entstanden ist. Eine andere Wertung hätte eine ungerechtfertigte Benachteiligung adoptierter Kinder gegenüber Kindern die bei den leiblichen Eltern geblieben sind zur Folge.
Die Mutter konnte zudem auch keine konkreten Argumente liefern, warum eine Auskunftspflicht unzumutbar in ihre Privat- und Intimsphäre eingreifen könnte.
Zuletzt stellte der BGH klar, dass der Auskunftsanspruch der Tochter nicht damit erfüllt ist, dass die Mutter angibt, dass sie sich nicht erinnern könne. Insbesondere, da sie nicht darlegen konnte, dass eine Suche nach der Identität des Vaters, speziell auch über eine vom OLG vorgeschlagene Liste von Kontaktpersonen aussichtslos verlaufen würde.
Für mehr Informationen zu diesem Thema oder anderen Fragen aus dem Familienrecht (z.B. Ehescheidung, Ehevertrag, Sorgerecht, etc.) steht Ihnen die Kanzlei Recht am Ring aus Hamburg-Harburg gern zur Verfügung.
Beschluss des BGH vom 19. Januar 2022 – XII ZB 183/21