Die Kanzlei Recht am Ring aus Hamburg-Harburg informiert aus dem Familienrecht:
“Müssen EU-Mitgliedstaaten einen Pass ausstellen, wenn in der Geburtsurkunde zwei Mütter eingetragen sind?”
Von der eingetragenen Lebenspartnerschaft 2001 über die Ehe für Alle 2017 und „Das Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen“ 2020 macht es Deutschland Menschen schrittweise möglich, die gleichen Rechte wie auch jedes andere heterosexuelle Paar zu haben und auszuüben. Immer noch stellen sich jedoch bürokratische Hürden in diesen Weg. So auch in Bulgarien wo ein kleines Feld in einer Geburtsurkunde eben nicht zwei Mütter, sondern lediglich eine Mutter und einen Vater vorsieht. Aber welche Auswirkungen kann dies für das Kind haben?
Der Sachverhalt
Die aus Bulgarien und Großbritannien stammenden Mütter ließen sich gemeinsam in der in Spanien ausgestellten Geburtsurkunde als Eltern eintragen. Das Kind erhielt die bulgarische Staatsangehörigkeit.
Als die Mütter dann in Bulgarien einen bulgarischen Pass für das Kind beantragten, wurden sie jedoch abgewiesen.
Die bulgarischen Behörden akzeptierten die Geburtsurkunde nicht, da die Angabe zweier Elternteile des gleichen Geschlechts wider die öffentliche Ordnung des Landes laufe und auch die Ausstellung einer bulgarischen Geburtsurkunde ohne die Angabe der leiblichen Mutter nicht möglich sei.
Der EuGH sah die Behörden jedoch im Unrecht.
Zum einen ist eine in einem EU-Land ausgestellte Geburtsurkunde in allen EU-Ländern anzuerkennen ist, und zum anderen haben die Behörden nicht das Recht, Auskunft über die leibliche Mutter zu verlangen oder die Ausstellung des Reispasses von einer zu erstellenden bulgarischen Geburtsurkunde abhängig zu machen.
Warum?
Der EuGH sieht die nationale Identität oder die öffentliche Ordnung Bulgariens nicht durch die Anerkennung einer spanischen Geburtsurkunde mit zwei Müttern als verletzt. Viel mehr würde eine Ablehnung des Identitätsdokuments das Recht des Kindes auf Freizügigkeit verletzen. Ohne Reisepass darf das Kind nicht einmal Spanien verlassen. Schon dies verletzt die Rechte des Kindes aus Art. 20, 21 AEUV, sich innerhalb der Mitgliedstaaten frei bewegen zu dürfen. Daneben würden für es Nachteile im Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung entstehen.
Mit dieser Entscheidung stellte der EuGH klar, dass alle EU-Staaten, auch diese, welche die gleichgeschlechtliche Ehe nicht für zulässig halten, eine Geburtsurkunde mit gleichgeschlechtlichen Eltern anzuerkennen haben.
Was gilt in Deutschland?
Für Deutschland gilt, dass in der Geburtsurkunde eines Kindes, welches in eine gleichgeschlechtliche Ehe geboren wird, nicht beide Elternteile eingetragen werden. Das nicht eingetragene Elternteil muss das Kind adoptieren, um auch rechtlich als dessen Elternteil zu gelten.
Die Ampelkoalition plant jedoch eine Gesetzesänderung, die eine unmittelbare Eintragung in die Geburtsurkunde ermöglicht.
Sollten Sie noch weitere Fragen haben oder mehr Informationen zu diesem Thema aus dem Familienrecht wünschen, steht Ihnen die Kanzlei Recht am Ring aus Hamburg-Harburg gern zur Verfügung.
EuGH, Urteil v. 14.12.2021, C-490/20